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Wird 2024 die Neuauflage von 2023?

An den Aktienmärkten ähnelt 2024 bislang stark dem Jahr 2023: Outperformance einer begrenzten Anzahl großer Unternehmen, die von strukturellen Trends profitieren, und Underperformance von Unternehmen mit geringerer Marktkapitalisierung. In Landeswährung übertrifft der japanische Markt seine Pendants in den USA und Europa, doch der schwache Yen schmälert die Performance für einen Euro-Anleger um fast die Hälfte.

Die Magnificent 7 ziehen den S&P 500 weiterhin nach oben, auch wenn zwei seiner Mitglieder, Apple und vor allem Tesla, seit Jahresbeginn im Minus sind. (Zu Tesla ist allerdings anzumerken, dass das Unternehmen eigentlich nie seinen Platz im Kreis dieser illustren Unternehmen hatte. Während die letztgenannten Unternehmen in der Lage sind, sich durch den von ihnen erwirtschafteten Cashflow selbst zu finanzieren, ist dies bei Tesla nicht der Fall. Dies spiegelt sich in der Anzahl der ausstehenden Aktien wider. Während beispielsweise Apple regelmäßig in der Lage war, eigene Aktien zurückzukaufen, sodass die Anzahl der ausstehenden Aktien in den vergangenen zehn Jahren um etwa 40 % gesunken ist, musste Tesla regelmäßig Kapitalerhöhungen durchführen, sodass sich die Anzahl der ausstehenden Aktien seit 2012 fast verdoppelt hat. Daraus folgt, dass Teslas Gewinn, so gering er auch sein mag, heute auf doppelt so viele Aktien verteilt werden muss). In Europa ist der Kurs von Novo Nordisk bereits um 20 % gestiegen, nachdem er im vergangenen Jahr um 50 % gestiegen war. Am anderen Ende des Spektrums leidet der chinesische Markt weiterhin.

Große Divergenzen bei der Performance

Insbesondere bei den US-amerikanischen Indizes befinden wir uns heute in der etwas ungewöhnlichen Situation, dass der Magnificent 7-Index über ein Jahr um 84% gestiegen ist, der S&P 500-Index (mit etwa 30 % in diesen sieben Werten) um 29%, der gleichgewichtete S&P 500 Index (mit denselben 500 Werten, jedes mit der gleichen Gewichtung von 0,2%) um 12% und der Russell 2000-Index (der Unternehmen mit geringerer Marktkapitalisierung enthält) um 9 %. Ein großer Unterschied, der auch durch einige Beispiele verdeutlicht wird:

  • Die Marktkapitalisierung der fünf größten Unternehmen im S&P 500 ist mehr als dreimal so hoch wie die aller 2.000 Werte, die den Russell 2000 bilden.
  • Die Marktkapitalisierung der 16 größten US-Unternehmen ist größer als die der 16 größten Aktienmärkte in Europa.
  • Die Marktkapitalisierung von Microsoft im S&P 500 ist doppelt so hoch wie die des Energiesektors, obwohl dieser doppelt so viel überschüssigen Cashflow wie Microsoft erwirtschaftet.
  • Die 27 größten Halbleiterunternehmen werden zum -Neunfachen ihres Umsatzes gehandelt. 2002, nach dem Platzen der Dotcom-Blase, kam der ehemalige Chef von Sun Microsystems auf die Tatsache zurück, dass die Anleger bereit gewesen waren, das Zehnfache des Umsatzes seines Unternehmens zu zahlen, und sagte Folgendes: „At 10 times revenues, to give you a 10-year payback, I have to pay you 100% of revenues for 10 straight years in dividends. That assumes I can get that by my shareholders. That assumes I have zero cost of goods sold, which is very hard for a computer company. That assumes zero expenses, which is really hard with 39,000 employees. That assumes I pay no taxes, which is very hard. And that assumes you pay no taxes on your dividends, which is kind of illegal. And that assumes with zero R&D for the next 10 years, I can maintain the current revenue run rate. Now, having done that, would any of you like to buy my stock at $64? Do you realize how ridiculous those basic assumptions are? You don’t need any transparency. You don’t need any footnotes. What were you thinking?“ (Scott McNealy, Business Week, 2002)

Grafik 1: Entwicklung über ein Jahr


Quelle: Macrobond/Bloomberg

Die immer größere Beliebtheit passiven Anlegens mit der Popularisierung von ETFs hat die Dynamik an den Märkten eindeutig verändert. Die Segmente, die derzeit die Aktienindizes nach oben ziehen, sind teuer. Bei den großen Technologiewerten könnte man natürlich argumentieren, dass sie mit den großen strukturellen Themen (Digitalisierung, Künstliche Intelligenz, ...) übereinstimmen, sehr solide Bilanzen aufweisen, ihre Aktien zurückkaufen und in der Regel von kompetenten Leuten geleitet werden. Einige Anleger sind auch der Ansicht, dass die massiven Investitionen in die Digitalisierung, die diese Unternehmen getätigt haben und die sich erst in der Zukunft auszahlen werden, derzeit ihre Ergebnisse belasten und ihre Bewertung daher künstlich aufblähen. Alle diese Faktoren sind gültig. Sie waren es auch Ende 2021. Das hat die Kurse der Magnificent 7 jedoch nicht davon abgehalten, 2022 um 45 % zu fallen.

Ein ‘Winner takes all’-Umfeld

Die Fundamentaldaten und insbesondere die Bewertung werden weniger wichtig. Solange ein Unternehmen eine Geschichte zu haben scheint, die die Fantasie der Anleger beflügelt, scheinen diese bereit zu sein, jeden Preis zu zahlen. Auch die Diversifizierung verliert in einem „Winner takes all"-Umfeld an Bedeutung. Warum sollte man in etwas anderes als den US-Markt und insbesondere den Technologiesektor investieren? Es ist wichtig zu beachten, dass dies nicht immer so war. Im ersten Jahrzehnt dieses Jahrhunderts entwickelten sich die europäischen und vor allem die asiatischen Märkte überdurchschnittlich gut, und der US-Markt hinkte hinterher. Erst ab 2014 setzte sich der US-Markt ab, angetrieben durch den Technologiesektor.

Die Geschichte, die die Einstellung der Anleger gegenüber einem Unternehmen bestimmt, kann sich verändern. Unternehmen wie Roche oder Nestlé leiden derzeit darunter. Im Fall von Roch e werden das Portfolio der in der Entwicklung befindlichen Wirkstoffe und die Produktivität der Forschungs- und Entwicklungsabteilung im Allgemeinen nach Enttäuschungen über den einen oder anderen Wirkstoff in Frage gestellt. Im Falle von Nestlé beunruhigen verschiedene endogene (insbesondere ein organisches Wachstum, welches im vergangenen Jahr unter den Erwartungen lag) und exogene Faktoren (steigende Anleihezinsen) den Markt. Für einen kurzfristig orientierten Anleger sind beide Unternehmen daher derzeit zu vernachlässigen. Dies belastet ihren Aktienkurs, dessen Rückgang auch die Erhöhung ihrer Dividende (obwohl eine solche Erhöhung ein guter Indikator für die grundsätzliche Gesundheit des Unternehmens und das Vertrauen der Unternehmensführung in die Zukunft ist) nicht verhindern konnte. So hat der Kurs von Roche in den vergangenen zwei Jahren 40 % verloren und befindet sich nun wieder auf dem Niveau von 2016. Der von Nestlé ist über zwei Jahre um 30 % gefallen und befindet sich nun nahe des während der Pandemie erreichten Tiefststands. Für einen langfristigen Investor bleiben Roche und Nestlé jedoch Unternehmen von sehr hoher Qualität, und der Kursrückgang stellt möglicherweise eine Kaufgelegenheit dar. Roche wird weiterhin von der Zusammenarbeit zwischen ihrer weltweit führenden Diagnostikabteilung und ihrer Pharmaentwicklung sowie von ihren starken Positionen in den Bereichen Biotechnologie und Onkologie profitieren. Nestlé bleibt ein gut diversifiziertes Nahrungsmittelunternehmen, das sein Portfolio in die attraktivsten Sektorenkategorien umstrukturiert hat: Kaffee, Tiernahrung und Süßwaren mit stark etablierten Marken.

Aktienbewertungen außer Acht lassen?

All dies macht das Leben eines aktiven Vermögensverwalters natürlich sehr schwierig. Das Geld seiner Kunden in eine extrem begrenzte Anzahl von Wertpapieren zu investieren, verstößt gegen seine treuhänderische Pflicht, aber eine Diversifizierung kann ihn in Bezug auf die Performance benachteiligen. Wenn er die Bewertungen außer Acht lässt, setzt er die Portfolios seiner Kunden sehr hohen potenziellen Verlusten aus, aber wenn er die Bewertungen zu stark berücksichtigt, besteht für denselben Manager ein erhebliches Risiko einer Underperformance.

Grafik 2: Prozentsatz der Werte im S&P 500, die den Index 2023 underperformt haben


Quelle: Gavekal Research/Macrobond

Passives Anlegen ist ein zu einem großen Teil auf einem Momentum-Ansatz basierendes Anlegen. Man kauft die Wertpapiere, die am stärksten gestiegen sind, mit der impliziten Annahme, dass sie weiter steigen werden. Die Finanzgeschichte zeigt, dass, wenn der Momentum-Ansatz lange Zeit über den fundamentalen Ansatz dominiert, die Aktienmärkte dazu neigen, später sehr starke Rückgänge zu verzeichnen. Die gleiche Geschichte zeigt auch, dass Märkte, die sich durch einen sehr hohen Konzentrationsgrad auszeichnen, sehr anfällig werden. Für einen aktiven Manager besteht das Problem jedoch darin, dass, um Keynes zu zitieren, "Markets can stay irrational longer than you can stay solvent". Und daher, um die Schlussfolgerung meines Artikels „Das Dilemma eines Portfoliomanagers“ aufzugreifen: Welche Strategie sollte man in einem solchen Umfeld verfolgen? Das Spiel der relativen Performance spielen, indem man teure, aber in der Gunst der Anleger stehende Titel kauft, mit dem Risiko, nicht rechtzeitig auszusteigen? Die Fundamentaldaten respektieren und versuchen, vernachlässigte Vermögenswerte zu finden, die attraktiv bewertet sind, jedoch mit dem Risiko, dass sie weiterhin eine unterdurchschnittliche Wertentwicklung aufweisen? Ein Manager, der sich für die erste Strategie entscheidet, riskiert, dass seine Kunden viel Geld verlieren. Ein Manager, der sich für die zweite Strategie entscheidet, riskiert, keine Kunden mehr zu haben, wenn die Märkte ihm endlich Recht geben. Dies ist das ewige Dilemma eines professionellen Vermögensverwalters.

Wenn der Momentum-Ansatz weiterhin über den fundamentalen Ansatz siegt, wird jedoch unweigerlich irgendwann der Zeitpunkt kommen, an dem das Dilemma des Fondsmanagers zum Dilemma seiner Kunden wird. Mit seinen Erklärungen für seine Underperformance wird der aktive Manager anfangen, wie eine kaputte Schallplatte zu klingen. Aus Erfahrung weiß ich, dass man von einem Manager, der von der Fundamentalanalyse überzeugt ist, nicht verlangen kann, dass er plötzlich von den Fundamentaldaten absieht und seine Entscheidungen auf andere Faktoren stützt (und wenn er es tut, wird er möglicherweise alles falsch machen). Es wird also an seinen Kunden liegen, zu entscheiden, ob sie ihren Weg weiterhin mit ihm gehen oder lieber den Manager wechseln wollen. Der Artikel „Über einen Jungen, Dilemmas und Überzeugungen“ von Steve Glod, Fondsmanager des BL Equities Japan, zeigte, dass die Konzentration auf Qualitätsunternehmen, die oft Marktführer sind und nicht mit dem Ziel einer kurzfristigen Performance, sondern aufgrund ihrer langfristigen Perspektiven gekauft werden, die Grundlage unseres Ansatzes bei BLI - Banque de Luxembourg Investments ist.

 

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Guy Wagner, Chief Investment Officer

Guy Wagner stammt aus einer Unternehmerfamilie in Luxemburg und besitzt einen Abschluss in Wirtschaftswissenschaften der Université Libre Brüssel. Er trat 1986 in die Banque de Luxembourg ein, wo er zunächst die Abteilungen Finanzanalyse und Asset Management leitete, bevor er 2005 zum Geschäftsführer von BLI - Banque de Luxembourg Investments, einer neu gegründeten Verwaltungsgesellschaft, ernannt wurde.

Seit Juli 2022 widmet er sich ausschließlich seiner Rolle als Chief Investment Officer, dem Portfoliomanagement und der Leitung des Teams, das für die Verwaltung der verschiedenen Fonds verantwortlich ist.

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